Ruhrverband: das Baden in der Ruhr ist möglich!

keine grundsätzliche rechtliche Bedenken und sauberes Wasser!

Schon seit langem setzt sich die Junge Union Witten für ein Naturfreibad in der Ruhr ein. Um der bisherigen Debatte einen neuen Anstoß zu geben, wurde mit Prof. Dr.-Ing. Norbert Jardin vom Ruhrverband (Vorstand Technik und Flussgebietsmanagement) ein Experte eingeladen, der die Möglichkeit einer Badestelle in der Ruhr ausführlich thematisierte.

Bis in die 1970er Jahre war das Schwimmen in der Ruhr erlaubt und die Bürgerinnen und Bürger nahmen es gerne in Anspruch. Dann wurde das Schwimmen aufgrund der schlechten Wasserqualität allerdings verboten. Damals sei die Keim- und Schadstoffbelastung deutlich ausgeprägter gewesen als heute, so Jardin.

Ursächlich für die noch heute meist pauschale Ablehnung einer Badestelle in der Ruhr ist vor allem das negative Image des Ruhr-Wassers. Während die Ruhr selbst noch vor einigen Jahrzehnten den Ruf als sehr dreckiger und schmutziger Fluss innehatte, in den allerhand Abwässer von Industrie und Privat geleitet wurden, hat sich das Wissen über die Wandlung in ein sauberes und naturnahes

Gewässer noch nicht vollständig durchgesetzt. Insbesondere außerhalb des Ruhrgebiets ist die Verwunderung immer noch groß, wenn berichtet wird, dass die Wasserqualität das Baden in der Ruhr möglich mache und es nahezu keine Bedenken dazu gebe.

Nach fast 50-jährigem Verbot konnte im Jahr 2017, zumindest in Essen, wieder legal in der Ruhr gebadet werden. Dass dieses Ereignis in Essen mit der „grünen Hauptstadt" zusammenfiel, war zwar kein beabsichtigtes Ziel, fügte sich aber gut in das Gesamtbild ein. Sogar die internationale Presse berichtete damals euphorisch von der Eröffnung des Strandbades am Baldeneysee.

Zwischen 2012 und 2015 entwickelte der Ruhrverband einen Handlungsleitfaden auch im Zusammenhang mit der Realisierung des Projektes in Essen. Im Vorfeld wurden hierfür regelmäßig Wasserproben entnommen und über Jahre hinweg beobachtet. Aus den Ergebnissen leitete sich, so Prof. Jardin, ab, dass ein kategorisches Badeverbot inhaltlich nicht zu unterfüttern sei. Stattdessen sei die Auswahl der Badestelle, die Hygienebedingungen und die Rahmenbedingungen bei der Bewirtschaftung von Bedeutung.

Die gesundheitlichen Gefahren aufgrund der Keimbelastung sei sehr gering, so Jardin. Demnach ging die Anzahl der Tage, an denen aufgrund der hygienischen Situation nicht gebadet werden durfte, stetig zurück (2018: 4 Tage mit überhöhter Keimbelastung (hier e.coli), 2019 sogar nur ein Tag!).  Zudem würden größere Belastungen immer mit starken Regenfällen zusammenhängen, da dann Mischwasser aus der Kanalisation abgeleitet wird. Diese Gefahr kann aber sehr gut durch ein Frühwarnsystem umgangen werden. Das Risiko einer Infektion nach einem Bad in der Ruhr halte sich nach WHO-Standards in einem sehr niedrigen Bereich, so erklärt der Vorsitzende für Technik und Flussgebietsmanagement.

Da die Messung und Auswertung der Keimbelastung nie im Vorfeld ablaufen könne, muss ein wirksames Früherkennungssystem eingesetzt werden. Dazu müssen Ersatzindikatoren (u.a. Durchfluss- und Niederschlagsmengen) festlegelegt werden, die bereits im Vorfeld anzeigten, dass eine Überschreitung der Grenzwerte wahrscheinlich bzw. möglich sei. Hier berichtet Herr Jardin von den Erfahrungen, die in Essen gesammelt wurden. So wurde das dortige Frühwarnsystem anfangs sehr sensibel eingestellt, sodass bereits nach geringen Niederschlagsmengen ein Badeverbot erlassen wurde. Da sich diese Niederschlagsmengen bei den kontinuierlichen Messungen als unbedeutend für die Qualität des Wassers erwiesen, wurden die Indikatoren regelmäßig nachjustiert. Hierdurch konnte mittlerweile ein System etabliert werden, dass an allen Tagen mit hoher Keimbelastung ein Badeverbot zuverlässig anzeigt und gleichzeitig die möglichen Badetage deutlich steigerte.

Auch auf die Tatsache, dass in heimischen Gewässern antibiotikaresistente Bakterien auftauchen, was im Jahr 2018 sehr viel Medienecho erzeugte, wird eingegangen. Zwar seien auch in der Ruhr derartige Keime zu finden, aber diese sind in so kleinen Mengen vorhanden, dass dadurch keine große Gefahr für Badende bestehe.

Obwohl die hygienischen Bedenken, die gegen eine Badestelle in der Ruhr in Stellung gebracht werden, durch die Messungen und ein angemessenes Früherkennungssystem ausgeräumt werden können, sollte eine ausführliche Analyse der Gefahrenpotentiale stattfinden. Insbesondere die

Strömungsverhältnisse, die Beschaffenheit des Grundes und der Schiffsverkehr müssten beachtet werden, um eine möglichst sichere Stelle auszuwählen, die den liberalen Vorgaben der Gewässerrichtlinie entspricht. Dies gelte sowohl für den Betrieb einer unbeaufsichtigten Badestelle als auch für ein bewirtschaftetes Naturbad.

Und in diesem Kontext wird auch mit einem großen Missverständnis aufgeräumt. Die Duldung von Badenden oder das Aufstellen eines Schilds „Baden auf eigene Gefahr", wie dies beispielsweise an der Isar in München umgesetzt wird, ist mit der EU-Badegewässerrichtlinie nicht zu vereinbaren. Vor allem, wenn es zu Unfällen oder Todesfällen komme, werde immer die Frage nach den Maßnahmen gestellt, die eingesetzt worden seien, um das Baden zu verhindern. Herr Jardin beschreibt, dass es in diesen Fällen für die Aufsteller derartiger Schilder ungemütlich werde, da die rechtlichen Rahmenbedingungen klar seien. Entweder sei das Baden erlaubt oder es sei verboten; dazwischen gebe es nichts. Da sei die Rechtslage eindeutig.

Zusammenfassend müsste nach dieser Veranstaltung endlich Bewegung in die seit Jahren stagnierende Debatte kommen. Eine pauschale Ablehnung ist nach den Ausführungen des Ruhrverbandes nicht zu halten, weshalb alle Beteiligten aufgerufen sind, nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Der Ruhrverband ist an dieser Stelle gerne bereit, beratend mitzuwirken.

Dazu sollten Gespräche mit allen Experten geführt und eine mögliche Badestelle gesucht werden. An Hilfsangeboten - z.B. des Ruhrverbandes - und Engagement fehlt es jedenfalls nicht.